Die besten Dehnübungen vor und nach dem Laufen
Dehnen als Läufer: Dr. Christiane Wilke beantwortet die wichtigsten Fragen
Dehnen vor und nach dem Sport – ein umstrittenes Thema. Wir haben Dr. Christiane Wilke von der Deutschen Sporthochschule (DSHS) Köln nach dem wissenschaftlichen Standpunkt rund um das Dehnen befragt. Lesen Sie hier ihre Antworten und erfahren Sie, welche Dehnübungen für Läufer sinnvoll sind.
Inhalt:
- Vor oder nach dem Laufen dehnen: Ist Dehnen sinnvoll?
- Dehnen vor dem Laufen: Dehnübungen
- Dehnen nach dem Laufen Dehnübungen
- Als Läufer richtig dehnen: Die Technik macht’s
- Sinnvoll & richtig dehnen: Ein Überblick
Als Läufer dehnen: Unsere Expertin Dr. Christiane Wilke
Häufig gehen die Meinungen über den Sinn und Unsinn des Dehnens weit auseinander. Die einen sind unbedingt dafür, die anderen halten dagegen, Stretching bringe nichts oder schade sogar. Wir wollten wissen, wie das Dehnen aus wissenschaftlicher Sicht beurteilt wird und welche Erkenntnisse für oder gegen Dehnübungen sprechen. Eine, die sich bestens mit dem Thema auskennt, ist Dr. Christiane Wilke. Die Sportwissenschaftlerin beschäftigt sich an der Deutschen Sporthochschule (DSHS) Köln intensiv mit bewegungsorientierten Präventions- und Rehabilitationswissenschaften.
Vor oder nach dem Laufen dehnen: Ist Dehnen sinnvoll?
Gezieltes Stretching soll das Verletzungsrisiko reduzieren und dem Muskelkater vorbeugen, so die landläufige Meinung vieler Sportler. Das klingt schön, aber sind diese Annahmen aus wissenschaftlicher Sicht haltbar?
Sinn von Dehnprogrammen: „Keine gesicherten Nachweise“
Dr. Wilke klärt auf: „Über den Sinn eines gezielten Dehnprogramms für Ausdauersportler gibt es noch keine gesicherten Nachweise. Viele Sportler versprechen sich durch ein gezieltes Dehnprogramm das Risiko für Verletzungen zu reduzieren. Hier gehen die Meinungen nach wie vor auseinander. Als gesichert gilt allerdings, dass sich Muskelkater durch Dehnen nicht verhindern lässt.“
Was wirklich gegen Muskelkater hilft, verrät Ihnen unser Artikel „Tipps gegen Muskelkater“.
Dehnen für Erholung und Entspannung nach dem Sport
Dennoch heißt das nicht, dass Dehnen wirkungslos oder sinnlos wäre:
„Die Aussagen zur Verletzungsprophylaxe durch Dehnen sind zwar nicht wissenschaftlich belegt. Trotzdem kann sich ein regelmäßiges Dehnprogramm positiv auswirken“, so die Wissenschaftlerin. „Ein Dehnprogramm zur Entspannung und Erholung nach dem Sport kann durchaus sinnvoll sein, deswegen ist ein generelles ‚Nein‘ zum Dehnen ebenfalls falsch. Denn über das Dehnen kann beispielsweise die Wahrnehmung einzelner Muskelgruppen gesteigert werden. Dieses kann die gezielte Entspannung fördern. Und natürlich kann durch die Steigerung der Durchblutung auch die Regeneration beschleunigt werden.“
Vorteile des Dehnens
Im Zeitalter des vom vielen Sitzen geschädigten homo digitalis haben Dehnübungen Vorteile. Sie sind wichtig, um der Verkürzung bestimmter Muskeln entgegenzuwirken:
„Tendenziell sollten Strukturen, welche zur Verkürzung neigen, wie zum Beispiel die vordere Brustmuskulatur oder die vordere Beckenmuskulatur, regelmäßig gedehnt werden, um die Beweglichkeit zu erhalten“, empfiehlt Dr. Wilke. „Das Dehnen kann kurzfristig dazu beitragen, das Gleichgewicht zwischen den Muskeln zu erhalten, indem es verkürzte Muskeln in die Länge zieht und ihre Spannung reduziert. Und es hilft Stressgeplagten, lockerer zu werden und zu entspannen.“
In diesem Video sehen Sie, wie Sie den Brustmuskel dehnen können:
In diesem Video sehen Sie, welche Dehnübungen für Ihre vordere Beckenmuskulatur, den sogenannten Hüftbeuger, geeignet sind:
Fazit: Dehnen nach dem Joggen ist durchaus sinnvoll, wenn auch eher nicht zur Muskelkater-Vorbeugung.
Die positiven Effekte des Stretchings:
- Steigerung der Wahrnehmung einzelner Muskelgruppen und damit Förderung einer gezielten Entspannung
- Schnellere Regeneration dank Durchblutungssteigerung
- Erhalt der Beweglichkeit
- Entspannung für Stressgeplagte
Dehnen vor dem Laufen: Dehnübungen
Zur Vorbereitung auf die Laufrunde ein paar Stretching-Übungen machen – bringt das was? Oder ist das sogar schädlich? Dr. Wilke klärt auf.
Dehnen vor dem Laufen? Aufwärmen nicht vergessen!
Grundsätzlich spricht laut der Sportwissenschaftlerin nichts gegen ein paar Dehnungsübungen vor dem Laufen: „Ob und wie man sich vor dem Laufen vorbereitet, hängt auch immer mit den eigenen Vorlieben zusammen. Es gibt deshalb kein Richtig und Falsch in Bezug auf das Thema Dehnen. Einige Sportler schwören darauf, andere ziehen eine lockere Runde Einlaufen vor.“
Nur auf das Aufwärmen sollten Sie nicht verzichten: „Wichtig ist, dass die Muskulatur auf Betriebstemperatur gebracht wird“, so die Wissenschaftlerin. „Wie dies geschieht, ist grundsätzlich egal. Da beim Laufen vor allem die unteren Extremitäten belastet werden, sollten auch die Dehnübungen auf diese ausgelegt sein. Gute Dehnübungen sind zum Beispiel das Dehnen der hinteren und vorderen Beinmuskulatur.“
Für Ihr Stretching-Programm vor dem Joggen eignen sich die folgenden Übungen.
Dehnübung 1: Hintere Beinmuskulatur dehnen
„Um die hintere Beinmuskulatur zu dehnen, stellen Sie sich aufrecht hin und ziehen Sie die Zehen des linken Fußes zum Körper hin. Nun sollte sich ein leichter Zug im hinteren Bereich des Beins einstellen. Anschließend machen Sie das Gleiche mit dem anderen Fuß.“
Dehnübung 2: Vordere Beinmuskulatur dehnen
„Für die Vorderseite stellen Sie sich hüftbreit hin. Nun winkeln Sie ein Bein nach hinten ab und versuchen die Ferse so weit es geht an Ihr Gesäß heranzuführen. Sie können dabei auch eine Hand zur Hilfe nehmen, welche das Bein Richtung Gesäß zieht. Versuchen Sie dabei das Fußgelenk zu umfassen um die Muskulatur optimal zu dehnen. Anschließend können Sie die Beine kurz ausschütteln.“
Dehnen vor dem Laufen: 4 Dehnübungen im Video
Im folgenden Video zeigt Triathlet Sebastian Neef Ihnen weitere Dehnübungen, die Sie vor dem Laufen ausführen können:
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1. Oberschenkel-Vorderseite dehnen
2. Oberschenkel-Rückseite dehnen
3. Gesäß dehnen
4. Hüftbeuger dehnen
Dehnen nach dem Laufen: Dehnübungen
Dehnübungen nach dem Laufen wirken sich durchaus positiv aus: „Dadurch wird unter anderem die Regeneration unterstützt und verkürzte Strukturen werden wieder auf Länge gebracht“, erklärt Dr. Wilke.
Geschmeidige Faszien dank Stretching
Denn durch das Stretching sorgen Sie dafür, dass Ihre Bindegewebsfasern, die Faszien, geschmeidig bleiben: „Auf die Faszien wirkt sich Dehnen positiv aus, Verklebungen können so gelöst werden. Die Beweglichkeit wird erhöht.“
Wichtig sei dabei, „die Dehnübungen in Ruhe und konzentriert durchzuführen, um die Entspannung optimal zu gestalten.“
Während Sie beim Sport „eher dynamisch-federnd dehnen und ruhig dabei atmen“ sollten, können Sie „nach dem Sport auch statisch“ dehnen: „Dabei die Dehnung etwa 2x 20 Sekunden halten.“
Dehnübungen nach dem Laufen: Fokus auf die untere Körperhälfte
„Auch nach dem Laufen sollte der Fokus auf den unteren Extremitäten liegen“, erklärt Dr. Christiane Wilke. „Nun kann man auch das Gesäß und den unteren Rücken in das Dehnprogramm mitaufnehmen.“
Diese Dehnübungen eignen sich nach dem Laufen:
Das Gesäß dehnen
„Um das Gesäß zu dehnen gehen Sie leicht in die Knie und legen den rechten Fuß auf das Knie des linken Beins. Nun drücken Sie leicht gegen das rechte Knie, ein leichter Zug im Bereich des Gesäßes sollte sich einstellen. Führen Sie das Ganze nun auf der anderen Seite durch.“
Den Rücken dehnen
„Um den Rücken zu dehnen, legen Sie die Finger ineinander, drehen die Handflächen nach außen und strecken diese so weit wie möglich über den Kopf. Danach rollen Sie sich, mit dem Kopf und den Halswirbeln beginnend, Wirbel für Wirbel ein, bis Sie aushängen. Mit dieser Übung lockern Sie die Rückenmuskulatur und die Wirbelsäule.“
Dehnen nach dem Laufen: 5 Dehnübungen im Video
Triathlet Sebastian Neef zeigt Ihnen im Video fünf Dehnübungen für das richtige Dehnen nach dem Laufen:
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1. Oberschenkel Vorderseite dehnen
2. Oberschenkel Innenseite dehnen
3. unteren Rücken dehnen
4. Oberschenkel Rückseite dehnen
5. Gesäß dehnen
Als Läufer richtig dehnen: Die Technik macht‘s
Um beim Dehnen den gewünschten Effekt zu erzielen und keine Verletzungen zu erleiden, sollten Sie einige grundlegende Regeln und Techniken beachten.
Regeln für richtiges Stretching: S-H-E-S-Dehntechnik
Achten Sie bei der Ausführung Ihrer Dehnungsübungen auf die folgenden Regeln:
- Halten Sie den Rücken gerade.
- Beim Dehnen ist es wichtig, dass Sie ein Ziehen spüren. Vermeiden Sie aber unbedingt Schmerzen.
- Während des Sports sollten Sie dynamisch-federnd dehnen.
- Nach dem Sport können Sie auch statisch dehnen.
- Bewegen Sie sich beim statischen Dehnen nicht ruckartig und wippen Sie nicht. Sonst können Sie Muskeln, Bänder und Gelenke zerren.
- Halten Sie jede Dehnung mindestens 20 Sekunden lang. Wiederholen Sie die Dehnung anschließend noch einmal für 20 Sekunden.
Damit Sie immer richtig dehnen, merken Sie sich am besten die Eselsbrücke „S-H-E-S“:
- S tretchen Sie vorsichtig, bis Sie ein leichtes Ziehen empfinden.
- H alten Sie den Dehnungsreiz für circa 20 Sekunden.
- E ntspannen Sie drei Sekunden lang.
- S tretchen Sie noch einmal für circa 20 Sekunden. Dehnen Sie bei der Wiederholung etwas stärker als beim ersten Durchgang.
Wann Sie lieber nicht Dehnen sollten
Auch wenn sich Dehnübungen positiv auf die Regeneration von Sportlern auswirken können, ist es doch auch mit Vorsicht zu genießen:
„Lange galt das Dehnen als Heilmittel gegen Muskelkater. Das konnte in keiner Studie belegt werden. Im Gegenteil, Dehnen begünstigt das Entstehen von kleinen Rissen im Muskel, welche auch für den Muskelkater verantwortlich sind“, so Dr. Wilke.
In den folgenden Fällen rät die Sportwissenschaftlerin unbedingt vom Dehnen ab:
- starke und akute Schmerzen
- Entzündungen
- frische Hämatome
- Hypermobilität (Überbeweglichkeit von Gelenken)
In folgendem Video erklärt Prof. Ingo Froböse von der DSHS Köln, wie Sie richtig dehnen:
Sinnvoll & richtig dehnen: Ein Überblick
Als Läufer können Sie sowohl vor als auch nach dem Laufen dehnen. Dehnen ist nicht per se unwirksam oder gar schädlich. Allerdings sollten Sie ein paar Dinge beachten. Hier fassen wir für Sie die wichtigsten Erkenntnisse aus diesem Artikel zusammen.
Die Effekte des Dehnens
- Dehnen hilft nicht gegen Muskelkater – im Gegenteil: es kann sogar das Entstehen von Muskelkater begünstigen.
- Dehnen wirkt sich positiv auf die Faszien aus, Verklebungen werden gelöst.
- Die Beweglichkeit wird dank des Dehnens erhalten beziehungsweise erhöht.
- Dehnen bringt verkürzte Strukturen (zum Beispiel vordere Brustmuskulatur, Hüftbeuger) wieder auf Länge.
- Dehnen fördert eine gezielte Entspannung nach dem Sport.
- Die Regeneration von Sportlern wird dank der Durchblutungssteigerung beim Stretching beschleunigt.
Regeln für richtiges Dehnen
- Dehnen Sie nicht bei starken und akuten Schmerzen, Entzündungen, frischen Hämatomen oder bei einer vorliegenden Hypermobilität.
- Führen Sie Dehnübungen konzentriert und in Ruhe durch.
- Während des Sports sollten Sie dynamisch-federnd dehnen.
- Nach dem Sport können Sie auch statisch dehnen. Dabei sollten Sie nicht wippen.
- Halten Sie sich an die S-H-E-S-Regel: S tretchen, 20 Sekunden Dehnung H alten, 3 Sekunden E ntspannen, noch einmal 20 Sekunden S tretchen.
Wir bedanken uns bei Dr. Christiane Wilke sehr herzlich für das aufschlussreiche Interview.
Für weitere Tipps rund um den Laufsport haben wir ein paar Leseempfehlungen aus unserem Magazin für Sie:
- Die richtige Lauftechnik: Ein Profiläufer gibt Tipps, wie Sie Ihren Laufstil verbessern können
- Die richtige Laufbekleidung: Das sollten Sie beim Marathon anziehen. Die passende Kleidung, Schuhe und Ausrüstung für jedes Wetter
- Tipps und Tricks fürs Joggen im Winter. So bleiben Sie trotz Kälte und Schnee fit und gesund
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